Sonntag, 5. September 2010

Reiseschneisepopeise (hamwa ne Meise?)

Reiseschneisepopeise

Wir naehern uns Europa langsam doch bestaendig wie eine froehliche Nacktschnecke auf Wanderschaft, was man sehr wunderbar bildlich an diesem entzueckenden selbstgebastelten Kaertchen erkennen kann. Die gestrichelten Linien zeigen euch einen sogenannten "Flug" an; nicht zu verwechseln mit dem "Fuss", der teils fuer die restlichen Linien gilt und generell zu wenig Beachtung im Leben und seinen schillernden Facetten findet.

Zum Vergroessern des Kaertchens schuettel dein Haaaaar fuer mich... aeh nee, das ja jetzt Quatsch, draufdruecken muss man.

Schluss mit lustig, wir muessen in die Falle.

Pakistan

Nach einem Monat verliessen wir Indien wieder, mit dem Gefuehl nichts wirklich verstanden zu haben. Jeder einzelne Tag war vollgepackt mit Begegnungen und zurueckblickend verflog die Zeit wie im rasenden Sprint jamaikanischer Laeufer.
Zusammen mit zwei englischen Couchsurfern machten wir uns von Amritsar in aller Hergottsfruehe auf, um zur indisch-pakistanischen Grenze zu gelangen, der so genannten "Whaga-Border". Mit indischen Pizzen im Gepaeck, um dem Ramadan vorzubeugen, fuhren wir hinaus aus unser letzten vollgestopften Stadt, in die Pampa.

Diese Grenze ist wohl eine der beruehmtesten in Suedasien, und eine der tragischsten.

Als die muslimische Liga Indiens beschloss einen eigenen Staat zu gruenden kam es zu massenhaften Pilgerungen. Hindus, die das heutige Pakistan verliessen und Muslime, die in ihr neues Land zogen.
Ein unglaublicher Hass, der sich aufgestaut hatte, entludt sich und es kam zu zahllosen Uebergriffen. Muslime griffen Hindus an, Hindus griffen Muslime an. Tote ueber Tote waren die Folge.
Die bewegte Geschichte Indiens spielt zu grossen Teilen an dieser Grenze. Immer wieder kam es zu Konflikten zwischen den beiden Laendern, die eigentlich... ein und die selbe Geschichte haben.
Mir war nie richtig klar, das Pakistan und Indien einfach ein und dasselbe Land waren. Dachte ich an Pakistan, kamen mir in diesem Zusammenhang der Iran und Afghanistan in den Sinn, nicht aber das hinduistische Indien. Und doch, genau wie West und Ostdeutschland verbindet Pakistan und Indien ein und die selbe Vergangenheit.


Basislager

(Direkt nach dem Grenzuebertritt liess sich Paul in diesem Terroristen-Basislager in den Bergen nieder)


Whaga-Border zelebriert diese Geschichte mit einer abstrusen Zeremonie, von der wir leider nur hoerten.
Beide Laender marschieren auf und versuchen den Nachbarn an Laerm und Getoese zu uebetrumpfen. Es geht um Nationalgefuehl und es muss ein unglaubliches Geschrei stattfinden.
Unser Grenzuebergang verlief jedenfall harmlos, einzig die Hitze machte uns zu schaffen, doch schneller als wir es realisieren konnten, sassen wir im "Meeting-Room" unseres jungen Couchsurfers und tranken den Tee der uns serviert wurde. Ramadan? Ja klar, aber nur fuer Muslime.
Yasir, so sein Name war der wahrscheinlich groesste Gluecksfall, der uns passieren konnte. Von ihm wurden wir zu den Familienfeiern mitgenommen und allen Freunden und Bekannten vorgestellt. Einen solchen Einblick in pakistanisches Alltagsleben haetten wir woanders selten gefunden.


unsere-Familie

(Unsere pakistanische Familie beim Fastenbrechen)


Wir verbrachten unsere Tage im Haus der Familie, tranken Tee, gaben unsere musikalischen Faehigkeiten zum Besten (sollte Luisa eines Tages im pakistanischen Fernsehen laufen, nach den Begeisterungsausbruechen der Pakistani wuerde mich das nicht wundern ;)) und nahmen am traditionellen Essen teil, das im grossen Familienkreis gefeiert wird.
Der Ramadan wird in Pakistan ziemlich ernst genommen. Morgens um halb drei stehen die Menschen auf, nehmen ihr Fruehstueck ein, beten und gehen wieder zu Bett. Bis zum Abendgebet darf nun nichts mehr in den Mund kommen. Essen, trinken, Rauch - auf alles muss verzichtet werden. Erst beim Gesang des Muezzins zu Abend wird das Fasten mit der zeremoniellen Dattel gebrochen.
Yasir umsorgte uns rund um die Uhr und ermoeglichte uns dann, wie aus heiterem Himmel, mit seinem Kumpel Tariq in den noerdlichsten Norden des Landes zu fahren und dort ein paar Tage zu verbringen.
Tariq ist ein Selfmademan, ein echter Geschaeftsmann, der sich aus einem 200 Seelen Dorf im pakistanischen Niemandsland zum Inhaber einer eigenen Firma hochgearbeitet hat, die Daemme, Strassen und Schulen fuer UNICEF baut.


Vorm-Buecherregal

(Unser Freund Tariq und Paul in seinen brandneuen Taliban-Klamotten - "Shalwar Kameez", der traditionellen Kleidung in Pakistan und Nordindien)


Im Moment arbeitet er in der Naehe von Mansehra, noerdlich von Islamabad, wo vor 5 Jahren ein schweres Erdbeben ganze Doerfer ausgeloescht hat. Als er uns in einem Nebensatz erklaerte, dass dieses Dorf durch das wir gerade fuhren einfach komplett zerstoert war und nahezu all seine Bewohner begraben wurden, ueberkam mich die Erkenntnis mit welchem Leid das Land gestraft ist.


Jeep

(Oeffentliche Verkehrsmittel in Pakistans Norden)


Trotz des vielen Buiseness, das ueber Pakistan laeuft (wusstet ihr, dass all eure Mangos hierher kommen?) und der hervorragenden Infrastruktur, die weite Teile Pakistans verbinden, werden die Menschen immer wieder zurueckgeworfen. Die jetzige Flut, die nun das Land zerreist ist nur Teil einer langen Kette.
In Tariks Haus wurden wir umsorgt wie Kinder. Sein Fahrer fuhr uns durch das Land und sein Koch versuchte uns regelrecht zu maesten. Dank einer Magenverstimmung schaffte er es nicht..hehe.


Pakistanische-Zigeuner

(Nomadenfrauen am Fusse des Berges)


Einige Tage lang erkundeten wir den gebirgigen Norden des Landes. Es war wunderschoen. Gewaltige, gruene Taeler erstreckten sich zwischen zerfurchten Huegeln. Enge Bergstrassen wanden sich durch Geroell und wilde Cannabispflanzen, deren Geruch die Luft erfuellte, sprossen in Bueschen an Wegesraendern. Esel und ziegenherdentreibende Bergvoelker verliehen mit ihren bunten Klamotten eine Ahnung von der Wildheit dieser Gegend.


mmh-Ziegen

(Wir hatten den Traum, eines von diesen feinen Tierchen ueberm Lagerfeuer zu braten...)


Samstagmorgen ging es fuer uns zum ultimativen Ausflug. Morgens um fuenf stiegen wir in einen, von Tariq gestellten und bezahlten Jeep, der uns Stunden hinaus in die Berge fuhr. Nach einem ersten Stop, hoch oben auf einem Berg, der uns bis auf sein gruenes Gewaechs stark an die Alpen erinnerte, ging es engueltig ins pakistanische Hinterland.
Kleine Geroellstrassen mit Leichtigkeit nehmend, reissende Baeche mit einem trockenen Husten durchquerend, Kuehe mit blauen Augend keines Blickes wuerdigend erklomm unser jesusgleicher Fahrer die zerkluefteten Berge.


Geiler-Driver

(Unser Fahrer und sein allmaechtiger Jeep)


Unser Ziel war ein "Lake", dessen Name ich bis heute nicht verstanden habe. Jedenfalls...der Anblick ueberwaeltigte mich. Im Angesicht wilder Natur, krasser Berge und Zeltburgen von dort lebenden Nomaden, wurde mir meine eigene Unwichtigkeit im Angesicht der Welt bewusst.


dumme-Ziege
(Zum reinspringen wars leider zu kalt...)

The-old-men-and-the-sea
(The old men and the sea)


Dank des Ramadans waren wir nahezu alleine dort und genossen die Stille. "Wenn ich eines Tages beten moechte, komme ich hierher"- passend.
Muede und erschoepft erreichten wir Tariqs Haus. Pakistans Berge sind ein Highlight unserer Reise und - ja, nur zu empfehlen.

Am Mittwoch, wenn alles gut geht (Insch'Allah), werden wir in den Iran fliegen.
Pakistan war bisher eines der fuer mich praegendsten Laender. Mit einer unbeschreiblichen Gastfreundschaft und beeindruckender Natur gesegnet, zieht es mich hierher zurueck.

Von der Flut haben wir nichts mitbekommen, haben uns aus diesen Gegenden heraus gehalten. In Pakistan moegen eine Menge schlimmer Dinge passiert sein und in manchen Teilen noch passieren. Die Einwohner sollten jedoch fernab von Medienschlagzeilen betrachtet werden. Die Medien zeigen selten die guten Seiten eines Landes und Pakistan hat davon, zumindest was ich in diesen wenigen Tagen erfahren durfte, eine Menge! zu bieten.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Plötzlich Deutschland....
Was soll man denken, wenn man plötzlich beheizte Toiletten...
MrPollsen - 29. Okt, 14:59
Oh Tuerkei! (Luisa)
Ich bekam meinen Passport wieder, verabschiedete mich...
MrPollsen - 8. Okt, 00:49
Was nach Pakistan geschah...
Seit jener Nacht, in der ich mich mit einem ungueltigen...
MrPollsen - 7. Okt, 22:37
Durch's wılde Kurdıstan
Der Osten der Tuerkeı ıst eıne harte, karge, huegellıge...
MrPollsen - 5. Okt, 16:54
In 10 Tagen durch Persıen...
In Tehran gelandet, wurde mır schnell wıeder der Vorteıl...
MrPollsen - 24. Sep, 23:02

Links

Suche

 

Status

Online seit 5050 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Okt, 15:02

Laos-Alltag
Reise
Reise (von Luisa)
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren