Warum-Fragen

Heute morgen erlebte ich wieder einmal die Problematiken einer zum nicht-Nachdenken erzogenen Bevölkerung.
In einem Land wie Laos, in dem offiziell der Sozialismus die Staatsform ist, gibt es einen großen Drang danach, Bürger zum Nicht-Denken zu animieren. Was in Deutschland die Wirtschaft übernimmt, RTL, RTL II, Pro7, BILD, dass macht hier der Staat.
Ich fuhr also, wie jeden Morgen seit einem guten Jahr, zur Uni. Mein Moped blitzte geputzt in der Sonne. Mein buntes Hemd, das mich als Lehrer kennzeichnete, war noch frisch und roch nach thailändischem Waschmittel.
Um in die Universität zu gelangen, muss man ein großes Tor passieren an dem ein, meist schlafender, Wachmann sitzt, der die..ähm...Uni bewacht. Seit einem Jahr passiere ich diesen Eingang jeden Morgen. Ich fahre hindurch. An diesem Morgen jedoch ertönte auf einmal eine schrille Pfeiffe in meinem Rücken. Ich blieb stehen, irritiert, und sah ein kleines Männchen auf mich zurennen. Der Wachmann, eigentlich ein freundlicher Bursche, der mir schon einmal bei einem Mopedproblem geholfen hatte. An diesem Morgen war er jedoch nicht besonders gut aufgelegt. In unglaublich schnellem Laotisch erklärte er mir, dass ich abzusteigen habe, wenn ich das Tor passiere. Ich war total perplex, kennt er mich doch, sieht mich seit einem Jahr hier durchfahren und muss langsam gemerkt haben, dass ich keine Gefahr für die Uni darstelle. Ein wenig irritiert fragte ich ihn also die spezielle "Warum"-Frage. Warum soll ich absteigen wenn ich das Tor passiere? Du kennst mich doch!
Nun war er an der Reihe perplex zu gucken. Warum? wiederholte er verwundert. Es sei die Regel, erklärte er mir nun ein wenig freundlicher, fast nachsichtig.
Nun gut, ich dachte mir, in meiner letzten Woche könne ich doch noch einmal eine Diskussion anfangen, nun gut...aber warum muss ich absteigen. Ich fahre seit einem Jahr jeden Morgen hier lang, bin Lehrer, der Deutsch unterrichtet und du kennst mich!
Der kleine Mann hörte mir zu, schwieg einige Sekunden weise, um dann noch einmal mit aller ihm zur Verfügung stehenden Nachdrücklichkeit zu flüstern: Es ist die Regel. Aber weil ich sicher zum Unterricht müsse, dürfe ich heute weiter fahren, ohne noch einmal durchs Tor zu schieben.
Mein Lachen konnte ich mir nicht verkneifen, doch weder das, noch mein Kopfschütteln fasste er negativ auf. Stattdessen lachte er mit und deutete freundlich zum Universitätsgebäude.

Tja, schon öfter war mir aufgefallen, dass man mit der Frage: Warum? nicht besonders weitkommt, in einem Land, dass nahezu alles zensiert, Frontalunterricht aufs gröbste fördert und bis vor wenigen Jahren die offizielle Meinung vertrat, das laotische Volk bräuchte keine Masterstudiengänge, Bachelor würde genügen.
Einen so skurilen Moment wie heute hatte ich jedoch noch nicht erlebt.
Warum-Fragen sollte man aber auf jeden Fall fördern.

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Zuletzt aktualisiert: 29. Okt, 15:02

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